Future - RPG

Ich war noch nicht richtig wach, jedenfalls kann ich mich noch daran erinnern, plötzlich auf dem Boden gelegen zu sein. Lurcia rappelte sich gerade neben mir auf.

"Was hast du es denn so früh am Morgen schon so eilig?"

"Unten im Behandlungsraum... da... da ist eine Kuh!"

"Bitte WAS?!" Ich schüttelte sie einmal durch. "Bist du auch sicher wach?"

"Ja, schau doch selber nach!"

"Mach ich gleich. Sagst du Bescheid?"

"Muss ich wohl...", meinte Lurcia nicht sehr begeistert und rannte weiter. Ich, jetzt hell wach, schnallte die Inliner ab und machte mich auf den Weg eine Etage tiefer.

„Lex, wach auf! Wach doch endlich auf! Ich muss dir dringend was sagen!", drang eine Mädchenstimme in mein Bewusstsein. Nathalia!, dachte ich zuerst und schnellte hoch. Als ich Lurcia erkannte verfinsterte sich meine Miene sofort wieder.

„Ach du bist's... Was soll denn so wichtig sein, dass du..."

„Sei still und hör mir einfach zu!" Ich hob eine Augenbraue und wollte schon zum nächsten Spruch ansetzen, da platze Lu auch schon mit der eigentlichen Info heraus:

„Auf der Krankenstation ist eine Kuh!"

„Äh... HÄ?! Was macht eine Kuh auf der Station?! Wir machen jetzt nicht auch noch eine Tierarztpraxis auf, klar?! Ich find es ja schon nervig, dass wir die Praxis öffentlich haben müssen, aber..."

„Du sollst mir zuhören! Die Kuh war einfach so da, die gehört keinem!"

„Und wie..."

„Weiß ich auch nicht, die war einfach da!"

„Wo ist sie jetzt?"

„Normalerweise unten. Ich hab den Ausgang blockiert." Ich nickte.

„Okay... gib mir eine Minute, dann bin ich unten." Während das Mädchen aus meinem Zimmer ging, kramte ich ein Shirt raus und zog es mir über. Auf dem Weg nach unten band ich mir die Haare zurück, wobei die Hälfte der Strähnen an meinen Ohrringen hängen blieb. Schnell strich ich sie mir hinters Ohr.

Unten war noch niemand, außer Lurcia und Kairi. Und tatsächlich: Auf der Krankenstation stand eine Kuh!

„Na endlich!", stöhnte ich, als ich Lus schnelle Schritte im Gang hörte. Sofort half sie mir, den Tisch so zu schieben, dass das Tier nicht mehr raus kam. Bald kam Lex zu uns.

„Wow... okay... ähm..."

„Stotter hier nicht so dumm rum, sondern hilf uns!", schrie ich ihn an, als die Kuh erneut versucht, auszubrechen. Sie ging mir höchstens bis zur Hüfte, war also ausgewachsen, hatte aber eine enorme Kraft! Ich schob es einfach auf die Tatsache, dass wir eine Kuh im Keller hatten, weshalb Lex ohne Widerwort mithalf.

„Schafft ihr das hier alleine? Ich muss nur schnell zum Infoboard, dann komm ich wieder..."

„Okay...", nickte Lurcia, die sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen die Barriere stemmen musste, um das Tier in Schach zu halten.
Ich kam nicht mal bis zum Central Park, da wurde ich schon von einem dunkelhäutigen Mädchen mit dunkelbraunen, fast schwarzen Haaren, die sich zu zahllosen kleinen Zöpfen geflochten hatte angehalten. Hier und da leuchteten bunte Strähnen auf. Ihre Augen waren klar und strahlend grün. Um sie herum hatte sie ein rotbraunes Muster gemalt, das ihr von der Stirn in eckigen Formen über das linke Auge an ihrem Hals über ihre Schulter den Arm hinunter reichte und sich im Gewirr von nicht endenden Bändern und Ketten verlor. Ketten trug sie auch um den Hals. Größtenteils Muschelketten, aber es war auch ein Lederband mit einem Silberanhänger dabei. Sie hatte sich ein Tuch oder ähnliches als Oberteil umgebunden und ein weiteres, zerrissenes um die Hüften gebunden. Sie war barfuß und auch an ihren Fußgelenken klimperten Muschelreihen.

„Kairi!" Sie kam auf mich zu gerannt. Sofort bremste ich ab.

„Was gibt's, Chloe?" Die Amazone blieb vor mir stehen und funkelte mich wütend an.

„Ihr habt den Termin nicht eingehalten!" Ein Schlag von ihr hätte nicht halb so viel Wirkung gehabt wie das!

„Du weißt, was das heißt..." Ich biss mir auf die Unterlippe. Das Mädchen fing an, langsam im Kreis um mich herum zu tigern.

„Das hier ist unser Strand. Und unser Meer. Und somit ist alles, was angeschwemmt wird, alles was im Wasser ist un-ser Eigentum! Also auch unser Fisch! Kapiert!?!" Fisch war eines unserer Hauptnahrungsmittel und stand ganz oben auf unserer Handels- und Tauschliste!

„Chloe, wir hatten..."

„Sei still, Kairi!! Ist ja nicht so, als wäre das das erste Mal gewesen, nicht? Was
war es denn dieses Mal? Hm? Hatte euer ach so toller Anführer wieder was Besseres zu tun?!" Sie schupste mich von hinten an. Ich rollte etwas, stolperte über einen Sprung im Asphalt und fiel. Langsam rappelte ich mich wieder auf. Blut, es schmeckte nach Blut!

(Sie braucht keine Hilfe!)

Das Infoboard war eigentlich nur eine riesige Betonwand, die irgendwann einmal hier in den Boden gekracht war. Alle zwei Monate wurde sie sauber gemacht und neu gestrichen. Jeder, der etwas Wichtiges, etwas wirklich Wichtiges, zu melden hatte, konnte hier ein Plakat oder ein Graffiti an die Wand bringen. Jede Gang hatte jemanden, der täglich nach sah, ob sich etwas geändert hatte. Darum war hier auch immer viel los. Hier war auch einer der besten Plätze, um Geschäftsverhandlungen zu vereinbaren, denn früher oder später kam ja ein Kundschafter von jeder Gang hier vorbei. Es gab natürlich auch noch andere solcher Infoboards, aber dieses hier war das größte, es war genau in der Mitte dieser Megastadt und außerdem auch das, das am nahegelegensten zu unserem Versteck war.
Ich überflog die bunten Plakate. Auf jedem war irgendwo ein bestimmtes Zeichen aufgemalt. Viele nahmen klare Symbole als Gangzeichen, zum Beispiel ein Blitz für die Volts, oder eine Feder für die Amazonen. Auch Tiermotive waren beliebt, wie in etwa der Drache der Lung, eine Gang, ausschließlich bestehend aus Asiaten, unter der Leitung von Tian Ju hatten sie sich ein großes Stück von London unter den Nagel gerissen. Aber nur die großen Gruppen hatten ein eigenes Symbol. Kleine Gangs, wie wir hatten nicht mal einen Namen. Solche mussten sich mit den ‚Kleinanzeigen' zufrieden geben. Manchmal war ganz interessantes Zeug dabei, weil sich jeder auf etwas spezialisiert hatte und wenn es Technik war, dann konnte man da immer irgendwelche Drähte und Zeug, von dem nur Edi wusste, was man damit anfangen konnte, finden.

Doch heute stand nichts Interessantes dabei. Aber bei den großen Graffitis war ein blutrotes Logo, das meine Aufmerksamkeit auf sich zog: ein schwarzer Skorpion und darüber ein schöner, dicker, roter Balken. Und zufrieden las ich, was in dem Balken stand: Ausgelöscht. Es gab auch ‚Aufgelöst' ‚Abgetreten' ‚Zerschlagen' und so weiter.
Mit einem zumindest ansatzweise besseren Gefühl fuhr ich zurück.

Lex
Jetzt waren wir zu dritt, super! Trotzdem hatte keiner eine Idee, wie wir dieses Viech ruhig stellen konnten! Kiyo war unsere Rettung! Ungern überließ ich ihr die Führung, aber ich wusste beim besten Willen nicht, was ich jetzt tun konnte!
"Luke! Zieh die Jacke aus! Gale tu den Tisch weg, wenn ich's dir sage! Lex und Luke ihr zwei haltet die Kuh fest und den Rest mache ich dann. Gale du schaust gleich dann nach, wo ein Raum frei ist! Noch Fragen?" Ich verkniff mir den Kommentar dazu, dass sie mich einfach so so rumkommandiert.
"Gut, dann, Gale, tu den Tisch weg!" Die Kuh merkte sofort, dass die Blockade vor der Tür weg war und stürzte raus, während Gale weiter in die Kanalisation rannte. Luke, der in zwischen seine Jacke an Kiyo weiter gegeben hatte, und cih stürzten uns auf das Tier und sogleich bedeckte die Sammlerin den Kopf der Kuh mit der Jacke und band sie mit den Ärmeln an den langen spitzen Hörnern fest. Erst rumorte das Vieh noch, dann wurde es aber ruhiger. Während Luke beruhigend auf die Kuh einredete, als sei sie eines seiner Kinder, kam Gale völlig außer Atem zurück.
"Weiter hinten, da ist noch ein kleiner Raum!"
"Okay, dann bringen wir sie da hin!", ordnete Kiyo an und nach langem Herumbuchsieren war das Tier im neuen Stall drin. Fehlte nur noch ein Gitter oder so...